The Big Good Future

© Manolo Ty

10 Jahre Creative City Berlin

Wir haben Geburtstag! Das feiern wir am 29.11. in der Kulturprojekte Berlin mit allen Partner*innen und Freund*innen. Vor 10 Jahren wurde Creative City Berlin ins Leben gerufen, die zentrale Plattform und ein Wegweiser in der Stadt für Kunst-, Kultur- und Kreativschaffende. Wie ist es geworden, was es heute ist? Und was passiert in Zukunft? Die CCB-Story in 6.000 Zeichen. 

10 Jahre Creative City Berlin, welch Marathon! Angefangen hat alles Ende 2007 mit einer recht rudimentären Informationsseite zu Förderprogrammen und Ansprechpartner*innen. Heute ist Creative City Berlin ein Netzwerk. Eine Jobbörse. Ein Magazin. Eine Projektbörse mit Inseraten zu Räumen und vieles mehr. Das feiern wir am 29.11. im Podewil bei Kulturprojekte Berlin – mit allen Partner*innen, 100 sind es mittlerweile, mit den spannendsten Netzwerken, Projekten und Unternehmen der letzten 10 Jahre, mit Workshops, partizipativen Interaktionen und und und.

© Manolo Ty

Aber der Reihe nach. Über was reden wir hier eigentlich? Wir reden über Creative City Berlin und damit über elf Teilmärkte und Kulturfelder, die das Portal seit über einem Jahrzehnt bündelt, repräsentiert und vernetzt. Und wir reden damit über rund 200.000 Erwerbstätige in der Stadt und 30.000 Unternehmen. Man könnte diese Geschichte dann so erzählen: Kultur und Kreativwirtschaft sind expandierende Sektoren oder Märkte, aber die Arbeitsbedingungen sind vielfach prekär. Die Diskussion über neue Arbeitsformen und -realitäten in kreativen Schaffensfeldern begann im Grunde auch relativ zeitnah mit der Geburt des Portals Creative City Berlin: Sascha Lobo und Holm Friebe verfassten 2006 mit „Wir nennen es Arbeit“ eine Lobeshymne auf neue Arbeitsformen fern der Festanstellung. Die Soziologin Alexandra Manske sah hingegen in kreativer Arbeit eine neue Form sozialer Ungleichheit. Cornelia Koppetsch prognostizierte in „Das Ethos der Kreativen“ (2006) einen generellen Bedeutungswandel von Arbeit: Kreativität, Flexibilität und Authentizität haben sich seit den 1970er Jahren zu den wichtigsten Arbeitstugenden einer flexibilisierten Ökonomie entwickelt. Ulrich Bröckling legte 2007 mit „Das unternehmerische Selbst“ nach und beschrieb Tendenzen eines neuen Unternehmertypus, den Selbstunternehmer. Kreativmärkte sind, so der Soziologe Andreas Reckwitz in seinem neuen Buch „Die Gesellschaft der Singularitäten“, expressive Arbeitsmärkte identitärer Selbstbestimmung: Sie stehen für eine neue Form der kulturellen Mitgestaltung, das Besondere ist Trumpf, das Einzigartige wird prämiert. Damit sind einerseits gewisse Risiken verbunden (zunehmende Selbstverantwortung und Selbstoptimierung), andererseits durchdringen neue Ideen immer mehr den Markt. Wie Matthias Euteneuer in seiner Studie über Selbstständige in der Kreativwirtschaft herausfand, sind viele (der Anteil an Solo-Selbstständigen liegt in der Berliner Kultur- und Kreativwirtschaft bei 42 Prozent) als sogenannte „berufsethische“ Unternehmer*innen zu bezeichnen: Sie verkörpern ein hohes Maß an „Wertrationalität“. Sie arbeiten nicht nur der Arbeit willen. Sie wollen die Gesellschaft aktiv mitgestalten.

Darum könnte man diese Geschichte auch so erzählen: Kultursektoren und die Kreativwirtschaft sind Seismografen aktueller Entwicklung und Abbild für Modelle von morgen, die heute schon, wenn auch oft nur im Kleinen, praktiziert werden. Dazu muss man nur mal einen Nachmittag in einer der zahlreichen Coworking-Spaces oder Social Hubs in Berlin verbringen: Hier werden Modelle gelebt an den Schnittstellen zu neuen Nachhaltigkeitsformaten von kleinen Upcycling-Ideen im Kreuzberger Hinterhof bis hin zu neuen Recyclingsystemen für die Großkonzerne. Dazu zählen auch neue digitale Musiktrends wie Mobile Music Making oder Inklusionsformate für die Filmbranche bis hin zu neuen Designkonzepten für die humanitäre Soforthilfe – man könnte die Liste der Beispiele beliebig fortsetzen. Kultur und Kreativmärkte sind, zumindest in weiten Teilen, Experimentierfelder und Ausprobiermärkte. Nicht alles funktioniert immer gleich. Aber was funktioniert schon immer gleich? Und genau hier setzt eine Plattform wie Creative City Berlin an: Was ist wichtig für die Arbeitswelt von morgen, das wir schon heute zeigen und ausprobieren können? Welche Lösungsmöglichkeiten gibt es jetzt schon, die morgen von Relevanz sind? Und welche Unterstützung können wir dafür bieten?

© Manolo Ty

Mit diesen Fragen beschäftigt sich das Portal Creative City Berlin seit 10 Jahren, immer im Gleichschritt mit neuesten Entwicklungen und Trends, immer an die Bedürfnisse von Kultur- und Kreativschaffenden angepasst. 10 Jahre lang haben wir das Portal daraufhin weiterentwickelt und werden es weiterentwickeln. Angefangen hat alles mit einer Übersicht über Fördermöglichkeiten und Ansprechpartner*innen, es folgte die Jobbörse, die heute jeden Tag über 2.000 Jobs für Kultur- und Kreativschaffende listet. Über 10 Jahre haben wir damit eine Infrastruktur aufgebaut, die mittlerweile nicht nur digitalen Service über relevante Infos liefert, sondern auch analoge Vermittlung anbietet: 2016 wurde Kreativ Kultur Berlin als neues und erstes Berliner Beratungszentrum für Kulturförderung und die Kreativwirtschaft von Kulturprojekte Berlin gegründet – und ist heute eine zentrale Anlaufstelle für Kultur- und Kreativschaffende in der Stadt. Das Ziel: Passgenaue Beratungs-, Vernetzungs- und Unterstützungsangebote aus erster Hand anbieten. Ist Kulturförderung das richtige? Passt Crowdfunding? Eignet sich eine Wirtschaftsfinanzierung? Lassen sich bestimmte Fördermöglichkeiten oder Finanzierungsformen kombinieren? In persönlichen Gesprächen klären der Kulturförderpunkt Berlin, die Kreativwirtschaftsberatung Berlin und Crowdfunding Berlin erste Projektideen und Unternehmensvorhaben. Kreativ Kultur Berlin bietet Informationsveranstaltungen, Workshops, Netzwerkabende und digitale Angebote zur Vernetzung und Unterstützung. 1.000 Beratungen konnten wir seitdem realisieren. Über 90 Veranstaltungen haben wir seit 2016 über die Bühne gebracht – zu den unterschiedlichsten Themen und Schwerpunkten mit den verschiedensten Kulturschaffenden und Netzwerken. Und ohne die wäre unsere Arbeit gar nicht möglich. Das sagen wir nicht nur so, das meinen wir auch so.

© Philip Nürnberger

Das alles präsentieren wir am 29.11. in der Kulturprojekte Berlin: 100 Partner sind eingeladen. Wir bringen die 25 spannendsten Projekte und Unternehmen der letzten 10 Jahre in einem Messeformat hervor. Wir bieten (kostenfreie) Workshops zum Thema soziales Unternehmertum und Kreislaufwirtschaft an. Wir präsentieren Kultur- und Kreativschaffende, nennen das einfach mal „The Big Good Future“ und veröffentlichen dazu unser erstes Printmagazin: The Big Good Future/Große gute Zukunft? Warum nicht. Lasst es uns ausprobieren, wir freuen uns drauf.

Und hier findet ihr alle Infos zur Veranstaltung.

Der Autor Jens Thomas ist Chefredakteur von Creative City Berlin