Behind The Doors #berlinartweek

© Kulturprojekte Berlin, Foto: Antje Schröder

Mona Stehle von der Berlin Art Week im Gespräch

In den Räumen von Kulturprojekte Berlin im Podewil ist immer was los.
Hier wird das ganze Jahr über an Veranstaltungen wie Berlin Art Week und dem EMOP BERLIN – European Month of Photography, Ausstellungen, Magazinen, Onlineportalen und Themenjahren gearbeitet.

Kulturprojekte Berlin ist Anlaufstelle für Beratung, Bildung, Vermittlung und Förderung und bringt verschiedene Akteure aus der Kulturlandschaft zusammen, um einen stadtweiten Austausch zu ermöglichen. Zahlreiche Mitarbeiter*innen arbeiten hier mit unermüdlichem Einsatz daran, Berlins aufregende kulturelle Vielfalt und ihre Geschichte sichtbar zu machen. Und genau diese Menschen möchten wir Euch vorstellen. Für den Blog klopfen wir an die vielen bunten Türen im Podewil und schauen, wer dahinter sitzt und woran dort gerade gearbeitet wird.

Für diese Ausgabe haben wir Mona Stehle, Programmleiterin der Berlin Art Week, interviewt und sie gefragt, was hinter ihrer Tür eigentlich so genau passiert und woran sie gerade für die bevorstehende Berlin Art Week, die am 9. September startet, arbeitet.

Aber lest selbst! Habt viel Vergnügen dabei und bleibt weiter gesund!

© Kulturprojekte Berlin, Foto: Antje Schröder

Was passiert hinter Deiner Tür, was machst Du als Programmleiterin der Berlin Art Week, liebe Mona?

Meine Hauptarbeit ist eigentlich, die sogenannte Spinne im (Kunst)-Netz zu sein (lacht)!
Ich koordiniere die Programmentwicklung und –planung mit unseren Partnern, entwickle auf Grundlage der Programme unserer Partner eine Dramaturgie für die Berlin Art-Week-Woche und setze für die Tage unterschiedliche Schwerpunkte.

 

Meine Hauptarbeit ist eigentlich, die sogenannte Spinne im (Kunst)-Netz zu sein (lacht)!

Darüber hinaus rege ich zum Beispiel auch Sonderprogramme an, initiiere und koordiniere Programmkooperationen mit Partnern, dieses Jahr zum Beispiel eine ganz spannende mit Hans Haacke, aber dazu kann ich ja bestimmt gleich noch ein wenig mehr erzählen. Basierend auf diesen Programmen und Kooperationen konzipiere ich im Anschluss gemeinsam mit dem gesamten Berlin-Art-Week-Team Kommunikations- und Vermittlungsformate, setze also kommunikative Schwerpunkte und arbeite Inhalte heraus, die sich dann wiederum in unseren Kommunikationsprodukten, wie der ganz neuen Online-Plattform oder auch in unserem Programmheft finden.

Am Ende meiner Arbeit hat man hoffentlich dank der Partner sowie unserer Koordination und Steuerung ein tolles Festivalprogramm für eine außergewöhnlich spannende Berlin Art Week-Woche – und Produkte im On- und Offlinebereich, die einen guten Überblick geben!

© Kulturprojekte Berlin, Foto: Antje Schröder

Das hört sich nach einem sehr vielfältigen und auch kreativen Job an, der enormes Fingerspitzengefühl voraussetzt, hohe Abstimmungsprozesse mit sich bringt –  und vor allem einer unglaublich guten Kenntnis der Kunstszene bedarf. Was hast Du denn vor der Arbeit bei uns gemacht und wie lange bist Du eigentlich schon dabei?

Seit 2017 arbeite ich bei Kulturprojekte Berlin – also seit der 6. Berlin Art Week, die es ja bereits seit 2012 gibt! Vor meinem Job hier habe ich ganz lange in der Ausstellungsorganisation gearbeitet, davor Kunstgeschichte und Kulturmanagement studiert. Beispielsweise habe ich zwei Jahre lang mit meinem ehemaligen Professor Ausstellungen organisiert, die wir von Deutschland nach China gebracht haben. Unter anderem eine Ausstellung zur Geschichte der documenta in Kooperation mit dem documenta-Archiv in Kassel, die wir als Wanderausstellung in Peking und Shanghai realisieren konnten oder eine Ausstellung zu Käthe Kollwitz, die wir auch in China zeigten. Das war die Zeit vor Kulturprojekte Berlin und seit 2017 bin ich nun wieder zurück in Berlin.

Das heißt, diese Stelle hier ist Deine erste seit einer Weile in Berlin?

Also, ich habe immer in Berlin gelebt und aus Berlin heraus die Ausstellungen organisiert, aber die Ausstellungen und Veranstaltungen fanden natürlich in China statt.

Also in Berlin für Berlin seit 2017?

Genau!

© Kulturprojekte Berlin, Foto: Antje Schröder

2020 steht ganz im Zeichen der Corona-Pandemie und ich erinnere mich, dass wir im Mai überlegt haben, ob und wie die Berlin Art Week stattfinden kann. Ihr als Team habt immer ganz selbstbewusst gesagt: „Das schaffen wir! Natürlich unter anderen Bedingungen, aber die Berlin Art Week wird stattfinden!“ Und genauso passiert es jetzt auch. Wie geht das? Wie kann eine stadtweite Veranstaltung mit einem großen Publikum während der Pandemie stattfinden? Was habt ihr euch überlegt?

Mitte März standen schon etliche Programme fest – und dann kam der Lockdown. In ganz, ganz vielen Gesprächen mit unseren Partnern habe ich dann geschaut, was entwickelt sich bei ihnen, was verschiebt sich et cetera. Es mussten zum Teil ganze Jahresprogramme geschoben oder Ausstellungen komplett abgesagt werden. Das ganze bisherige Programm wurde quasi einmal durchgewirbelt. Wir haben sehr schnell gemerkt, dass unsere Partner sich sehr flexibel zeigen und auf die neue Situation einstellen – wie wir ja auch! Mit Optimismus und ganz viel Tatendrang haben wir dann beschlossen, dass wir die 9. Berlin Art Week auf jeden Fall stattfinden lassen wollen und uns flexibel an die „dynamische Lage“ anpassen. Grundsätzlich muss man aber natürlich sagen, dass die Berlin Art Week von Hause aus eine dezentrale Veranstaltung ist und nicht auf engem Raum stattfindet, sonst hätten wir es sicher dieses Jahr schwer gehabt.

Mit Optimismus und ganz viel Tatendrang haben wir beschlossen, dass wir die 9. Berlin Art Week auf jeden Fall stattfinden lassen wollen und uns flexibel an die „dynamische Lage“ anpassen.

Normalerweise kommunizieren wir schon sehr viel und die Telefone laufen den ganzen Tag lang heiß, aber in diesem Jahr ist es aufgrund der besonderen Lage noch einmal mehr, da wir wirklich im permanenten Austausch mit unseren Partnern sind. Die gesamte Programmplanung ist auch einfach viel kurzfristiger als in ‚normalen‘ Art-Week-Jahren. Neue digitale Formate wurden entwickelt, Programme open-air realisiert beziehungsweise nach draußen verlagert, wir haben extra ein Buchungstool aufgesetzt und so weiter – aber alles mit ganz viel “Anpackergeist” mit enormen Engagement von allen Seiten. Das ist sehr schön zu beobachten!

Kannst Du unseren Leser*innen ein bisschen was über das Programm verraten? Worauf können sie sich freuen? Wenn Du davon sprichst, dass das Programm ein wenig ‚umgewirbelt‘ wurde, dann gibt es doch sicher auch Programme, die trotzdem stattfinden oder sich sogar neu entwickelt haben. Erzähl mal ein bisschen!

Ein tolles Ausstellungshighlight ist zum Beispiel ‚Studio Berlin‘ im Berghain, eine von der Boros Foundation organisierte und von der Kulturverwaltung geförderte Gruppenausstellung, die einen Einblick in die künstlerische Produktion von mehr 100 in Berlin lebenden und arbeitenden Künstler*innen direkt aus deren Ateliers gewährt.

Spannend wird es auch im KINDL – Zentrum für zeitgenössische Kunst, welches mit der neuen Direktorin Kathrin Becker an den Start geht, die mit gleich vier Ausstellungen eröffnet, u.a. Einzelpräsentationen von den Künstlerinnen Lerato Shadi oder Ann Oren, und die außerdem einen neuen VideoSpace etabliert. Das wird auf jeden Fall ein spannender Auftakt, weil sich quasi ein ganzes Haus neu ausrichtet und positioniert!

SAVVY Contemporary ist in diesem Jahr neu dabei mit einem rein digitalen Radioprogramm. Vivian Suter, John Miller, Gintersdorfer/klaßen, Rebecca Horn, VALIE EXPORT, Slavs and Tatars, Christian Jankowski, Hyphan-Labs; ganz viele interessante Künstler*innen werden zu sehen sein! Und dann gibt es – neben der Messe in St. Agnes in der König Galerie – die Messe Positions Berlin, die dieses Jahr wieder in Tempelhof stattfindet, diesmal gemeinsam mit der Paper Positions, sich aber im Vergleich zum Vorjahr auf zwei Hangars ausweitet, auch um den Abstandsregeln gerecht zu werden. Draußen erstreckt sich die Messe bis auf das ehemalige Flugfeld, es gibt also zusätzlich eine Open Air Positions!

© Kulturprojekte Berlin, Foto: Antje Schröder

Ein Highlight sind ja immer die Eröffnungen, beispielsweise letztes Jahr im Haus der Statistik am Alexanderplatz. Wie wird die Eröffnung in diesem Jahr aussehen?

Die Berlin-Art-Week-Eröffnungen sind jedes Jahr anders, haben immer ein spezielles Format. Unter Corona-Bedingungen ist es naturgemäß eine sehr viel kleinere Veranstaltung im Vergleich zu normalen Berlin-Art-Week-Jahren. Daher wird es keine große öffentliche Veranstaltung geben, sondern eine Preview für einen kleinen, geladenen Kreis im Werkhof L.57. Das ist eine Art Kreativstandort hinter dem Hauptbahnhof gelegen, hier sind unter anderem das Architekturbüro sauerbruch hutton ansässig, die Sammlung Ivo Wessel, aber auch ganz viele Künstler*innenateliers von Katharina Grosse, Anri Sala, Karin Sander, Via Lewandowsky und vielen mehr.

Kurzum: Es ist ein ganz interessanter Standort, den am Freitag, Samstag und am Sonntag alle Besucher*innen mit einem kostenfreien über unsere Website buchbaren Zeitfensterticket selbst entdecken können!

© Kulturprojekte Berlin, Foto: Antje Schröder

Du kennst die Programme der Partner in- und auswendig und schätzt sie alle gleichermaßen, das weiß ich! Hast Du vielleicht dennoch ein oder zwei Highlights, auf die Du Dich besonders freust, wo Dein Herz ein bisschen mehr dran hängt und auf die Du gerne hinweisen möchtest?

Ja, zwei hätte ich! Einmal eine kleine Ausstellung und zwar von der haubrok foundation, die bisher in der FAHRBEREITSCHAFT war und jetzt zur Berlin Art Week in neuen Räumen am Strausberger Platz weitermacht. Dort wird es eine konzeptuelle Ausstellung über Ausstellungen zu sehen geben. In der FAHRBEREITSCHAFT gibt es dazu noch eine Ausstellung mit Jonathan Monk, Wade Guyton und Günther Förg mit dem schönen Untertitel ‚No Visits Allowed‘; sie wird schon vor Ort sein, man kann sie aber nicht physisch betreten, sondern nur im digitalen Raum. Das ist so ein Schmankerl, auf das ich mich persönlich sehr freue!

Und ein zweites Projekt, was mir sehr am Herzen liegt, ist unsere große Aktion, die wir als Berlin Art Week gemeinsam mit vielen Partnern realisieren und mit dem n.b.k. (Neuen Berliner Kunstverein) initiiert haben: die künstlerische Intervention mit Hans Haacke im öffentlichen Raum. Open-air und über die gesamte Stadt verteilt werden wir die Arbeit von Hans Haacke ›Wir (alle) sind das Volk‹ neu aufleben lassen. Das ist ein ganz persönliches Highlight für mich, die Arbeit, die bei der documenta 14 in Kassel und Athen erstmals realisiert wurde, jetzt in Berlin zeigen können.

Intervention / Hans Haacke, Wir (alle) sind das Volk, 2003—2017, All Connected, Einzelausstellung, New Museum, New York, 2019
© Hans Haacke / VG Bild-Kunst

Wie toll, das hört sich sehr spannend an und macht die Berlin Art Week noch einmal mehr zu einem Projekt, was einlädt, Kunst zu entdecken, vor allem auch für diejenigen, die sonst eher zu scheu sind oder noch wenig Berührungspunkte mit Kunst haben! Jetzt gehen wir aber noch einmal zurück zu unserem Arbeitsplatz, unserem barocken Palais Podewil. Hast Du einen Lieblingsort, wo Du sagst, da gehst Du am liebsten hin, da ziehst Du Dich gerne zurück oder den findest Du besonders?

Das sagt wahrscheinlich jede*jeder, aber unser Hof ist einfach ein totales Highlight!

Immer im Mai fängt der Blauregen an der Pergola an zu blühen und zeitgleich beginnt bei mir die heiße Phase für die Berlin Art Week. Wenn zwei Wochen alles blau, blau-lila blüht, dann ist das mein Startkick in das Projekt. Das ist, was ich vom physischen Ort hier am tollsten finde. Und sonst generell die ganzen vielen Gänge hier in unserem Haus, wo man immer netten Kolleg*innen begegnet und sich kurz austauschen kann. Und morgens, wenn der Arbeitstag beginnt, wird man an der Pforte bereits ganz herzlich von Gabi und Petra begrüßt – ja das ist einfach ein schöner Gesamtkomplex!

Wenn zwei Wochen alles blau, blau-lila blüht, dann ist das mein Startkick in das Projekt.

Vielen Dank für das Gespräch, liebe Mona, und eine ganz tolle Art Week!

Gespräch und Redaktion: Susanne Galle, Mitarbeit: Charlotte Kuke

Zum Projekt